Bei unseren Ausschreibungsverfahren legen wir von cleansolution sehr großen Wert, die ausführenden Reinigungskräfte vor Ausbeutung und Lohndumping zu schützen. Aus diesem Grund haben wir eine rechtskonforme Bewertungsmatrix entwickelt, die für auskömmliche Reinigungsstunden bzw. Zeitvorgaben für die ausführenden Reinigungskräfte sorgt und zugleich wirtschaftlich ist. Aber wie sieht es nach der Zuschlagserteilung mit der Erbringung der im Ausschreibungsverfahren kalkulierten Reinigungsstunden tatsächlich aus? Diese Thematik haben wir mit unserem Kooperationspartner, der namhaften Anwaltskanzlei pdrei aus Augsburg, erörtert und diese gebeten, eine rechtliche Umsetzung in unsere Reinigungsverträge einzuarbeiten. Ziel sollte es sein, die im Ausschreibungsverfahren kalkulierten Reinigungsstunden beim Dienstleister während der Vertragslaufzeit konkret einzufordern zu können.
Claudia Kapfer (Kommunikation und Marketing, cleansolution GmbH) hat mit Rechtsanwalt Dr. Robert Praßler, Experte im Bereich Vertragsrecht, zur Vorgehensweise und Problematik ein sehr interessantes Interview geführt.
Herr Dr. Praßler, Reinigungsverträge mit Dienstleistern werden häufig als Werkvertrag gestaltet. Was ist hier die Problematik in der Praxis bei der Vertragserfüllung?
RA Dr. Praßler: Beim Werkvertrag wird vom beauftragten Unternehmer ein sogenannter Erfolg geschuldet. Beim Gebäudereinigungsvertrag liegt dieser Erfolg darin, dass die Räumlichkeiten des Auftraggebers nach der Reinigung optisch und hygienisch sauber zu sein haben. Der Werkvertrag fokussiert sich allein auf das Erreichen dieses geforderten Endresultats. Auf welche Weise dieses Ergebnis erreicht wird, ist grundsätzlich allein Sache des Unternehmers.
Folge hiervon ist, dass Unternehmen aus Gründen der Wirtschaftlichkeit natürlich bestrebt sind, dieses geforderte Ergebnis mit möglichst geringen Kosten, insbesondere Personalkosten, zu erreichen. Ziel ist es, mit möglichst wenig Personal möglichst viele Räume/Objekte „abzuarbeiten“. Leidtragende sind dabei meist die angestellten Reinigungskräfte, die aufgrund des ständigen Zeitdrucks unter hoher mentaler und körperlicher Belastung stehen.
Doch auch für die Kommune als Auftraggeber ergeben sich Nachteile. Denn die geringe zur Verfügung stehende Reinigungszeit schlägt sich regelmäßig in einer schlechteren Reinigungsqualität nieder. Kontrollen und regelmäßige Abnahmen, ob der geschuldete Reinigungserfolg bei der täglichen Unterhaltsreinigung erfüllt sind, übersteigen die personellen und zeitlichen Kapazitäten insbesondere von kommunalen Auftraggebern. Zudem führt die stetige Unzufriedenheit beim Reinigungspersonal auch zu häufigen Personalwechseln bei den beauftragten Unternehmen, was einer zufriedenstellenden Vertragserfüllung erfahrungsgemäß ebenfalls häufig im Wege steht.
Nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit bleibt es dem Auftraggeber überlassen, einen Reinigungsvertrag frei zu gestalten. Welche Möglichkeiten sehen Sie hier?
RA Dr. Praßler: Die Parteien eines Vertrags sind grundsätzlich frei, die Vertragspflichten beliebig zu regeln. So ist es möglich, Reinigungsverträge nicht nur als Werkvertrag, sondern auch als Dienstvertrag oder als Vertrag eigener Art mit Elementen aus dem Dienst- und dem Werkvertragsrecht auszugestalten.
Anders als beim Werkvertrag schuldet der Unternehmer beim Dienstvertrag nicht das Ergebnis seiner Tätigkeit, also den Erfolg, sondern die Dienstleistung als solche, also das Tätigsein. Die Parteien eines Reinigungsvertrags können ihre Vertragsbeziehung jedenfalls autonom gestalten und selbst bestimmen, welche konkreten Pflichten im Rahmen des Vertragsverhältnisses zu erfüllen sind.
Welche Vorteile – sowohl für den Auftraggeber als auch für das Reinigungspersonal – bietet ein Vertrag, kombiniert mit Inhalten sowohl aus dem Werk- als auch dem Dienstvertrag? Was ist das Ziel? Was ist Ihre Empfehlung?
RA Dr. Praßler: Durch die Kombination von werk- und dienstvertraglichen Elementen lassen sich für den Auftraggeber die Vorteile beider Vertragstypen nutzbar machen. Durch die werkvertragliche Komponente wird sichergestellt, dass die Reinigungsqualität stimmt, also die Räumlichkeiten am Ende auch tatsächlich sauber sind.
Über das dienstvertragliche Element lassen sich zusätzlich konkrete Vorgaben zur Art und Weise der Reinigung in den Vertrag integrieren. So kann insbesondere die Einhaltung einer bestimmten Anzahl von zu erbringenden Reinigungsstunden als weitere Hauptleistungspflicht für das Reinigungsunternehmen vereinbart werden. Wenn diese vertraglich geforderten Reinigungsstunden dann nicht voll erbracht werden, kann der Auftraggeber durch eine Regelung im Vertrag berechtigt werden, die Rechnung zu kürzen, auch wenn der Reinigungserfolg isoliert betrachtet vorliegt.
Durch diese Vertragsgestaltung lässt sich verhindern, dass das Reinigungspersonal in eine Art „Akkordarbeit“ gedrängt wird. Dabei kommt die Kommune letztlich auch ihrer sozialen Verantwortung nach, indem sie verantwortungsvolle Arbeitsbedingungen für das Reinigungspersonal schafft und nicht über das Vergaberecht ungewollt ungesunde Anreize setzt. Weiter trägt der verminderte Zeitdruck zur Reduzierung der Personalfluktuation und damit zur Verbesserung der Reinigungsleistung bei. Die Kommune profitiert unmittelbar von einem stabilen Personalstamm, der die Objekte kennt und regelmäßig reinigt.
In der aktuellen Arbeitsmarkt-Lage liest man täglich über Personalmangel in allen Branchen. Auch die Gebäudereinigung ist leider davon betroffen. Wie kann dieses von Ihnen aufgesetzte Vertragsmodell dazu beitragen, die Gebäudereinigungsbranche zu stärken?
RA Dr. Praßler: Nicht nur die Kommunen und das Reinigungspersonal, sondern auch die Reinigungsunternehmen selbst profitieren letztlich von dieser vertraglichen Gestaltung. Denn gerade in Zeiten des Personalmangels am Arbeitsmarkt ist es für Unternehmen elementar, gute und zuverlässige Mitarbeiter nach Möglichkeit zu halten. Selbst wenn sich geeignetes Ersatzpersonal finden lassen sollte – was sich zunehmend schwieriger gestaltet – stellt sich die ständige Einarbeitung von neuem Personal für Unternehmen jedenfalls als sehr zeit- und kostenaufwendig dar.
Um Mitarbeiter nicht zu verlieren, spielt neben den monetären Aspekten insbesondere die Arbeitszufriedenheit die entscheidende Rolle. Durch ein Arbeitsmodell, welches den dauerhaften Zeitdruck abmildert und den Gesundheitsschutz der Mitarbeiter stärker in den Mittelpunkt rückt, kann sich ein Unternehmen von Mitbewerbern am Markt in gewissem Maße „abheben“ und damit einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass Mitarbeiter langfristig im Unternehmen bleiben.
Herzlichen Dank, Herr Dr. Praßler, für Ihre Expertise und dieses Interview. Dank der Kanzlei pdrei und Ihnen haben wir nun einen Reinigungsvertrag, der unserer Firmenphilosophie — Gebäudereinigung wirtschaftlich und trotzdem sozial zu gestalten — zu 100 Prozent entspricht.
Mehr Informationen zur Kanzlei pdrei Rechtsanwälte und Rechtsanwalt Dr. Robert Praßler finden Sie HIER.